16.01.2009: 11. Hochhauslauf Magdeburg
Mit Pudding in den Beinen
Endlose Stufen, stickige Luft und brennende Beine – der Uni-Hochhauslauf in Magdeburg stellt für die Teilnehmer Jahr für Jahr eine echte Herausforderung dar. Selbst erfahrene Läufer wie der Löderburger Matthias Lampe müssen bei dem ungewöhnlichen Wettbewerb an ihre Grenzen gehen, um den " Gipfel " zu erklimmen. " Oben hast du Beine wie Pudding ", beschreibt Lampe die Qualen des Rennens, das bei der elften Auflage am Mittwoch erstmals auf den Aussichtsturm im Rotehornpark führte.
Magdeburg. Skeptisch wendet Finn den Blick nach oben. Seine Augen wandern entlang der grauen Fassade über die winzigen Fenster hinauf zu den niedlichen Glastürmchen, die in blauem Neon-Licht erstrahlen. Das Ganze sieht aus wie ein überdimensionaler Bauklotz, der da in den Magdeburger Abendhimmel ragt. Vielleicht ahnt der sieben Monate alte Junge in diesem Moment, dass es gleich auf den Aussichtsturm im Rotehornpark geht – und zwar im Eiltempo auf Muttis Armen.
" Ich habe heute spontan zugesagt, schließlich ist mit unserem Sohn kaum ein Lauf mehr richtig planbar ", sagt Annett Lampe und schnallt sich ihren Finn vor die Brust. Papa Matthias heftet derweil die Startnummer an seine beiden Lieblinge. " Eigentlich ist das heute nur Gaudi ", sagt der Familienvater, der zum vierten Mal am Hochhauslauf teilnimmt. Der 36-Jährige begann 2005 mit dem Laufsport, trat damals den Bode-Runners, der Laufgruppe des SV Concordia Staßfurt, bei. Dort lernte der Kraftfahrer auch seine Annett kennen. Beide spezialisierten sich später auf Triathlon und feierten als Extremsportler zahlreiche Erfolge. " Seit Finn geboren ist, dreht sich natürlich alles um ihn. Dennoch kann ich den einen oder anderen Wettkampf noch bestreiten ", sagt der Löderburger. Zuletzt hatte Lampe sein Söhnchen beim Silvesterlauf in den Kinderwagen gepackt und war mit ihm ins Ziel " gerollt " – Familienausflug einmal anders.
Am Eingang des Aussichtsturms bildet sich eine lange Schlange. Es herrscht Eiseskälte, die rund 270 Teilnehmer springen auf und ab und rutschen auf den spiegelglatten Gehwegen unsicher umher. Drinnen, im warmen Foyer, steht Dr. Mario Damerow und macht ein zufriedenes Gesicht. " Wir sind froh, dass der Uni-Hochhauslauf in diesem Jahr nicht ausfällt. Das Gebäude am Uniplatz wird ja saniert. Insofern mussten wir uns nach einem Ausweichstandort umsehen ", sagt der Organisator des Laufevents, das seit 1999 von der Otto-von-Guericke-Universität ausgerichtet wird. Seitdem sei die Veranstaltung, deren Einnahmen in diesem Jahr den SOS-Kinderdörfern zu Gute kommen, auf große Resonanz gestoßen. " Ob Studenten, Schüler, Vereine oder Sponsoren, alle Magdeburger geben sich größte Mühe ", lobt Damerow. Er selbst will sich an diesem Tag nicht auf die Tortur über 252 Stufen und rund 45 Höhenmeter begeben. " Ich habe mich an der Hand verletzt ", sagt der Leiter des Uni-Sportzentrums – und grinst.
Endlich ist Familie Lampe an der Reihe. Am Start passieren sie ein Drehkreuz, der Countdown wird heruntergezählt. " Das wird kurz, aber heftig. Na ja, Augen zu und durch ", sagt Matthias Lampe und sprintet den zehn Stockwerken entgegen. Im Abstand von 30 Sekunden folgen ihm Annett und Finn, gemächlich versteht sich. Nach knapp 70 Sekunden ist alles vorbei. Im engen Zielraum, der Aussichtsplattform, wirken die drei erschöpft, aber glücklich. " Anfangs geht es nach links, dann wieder nach rechts. Mal nimmst du drei, mal vier Stufen. Ab der neunten Etage wird es heftig. Du machst nur noch Hechelatmung ", sagt der Triathlet und greift zum heißen Teebecher. Währenddessen bedient sich Annett am Obstbuffet und stopft ihrem Finn ein Stück Banane in den Mund. Der Sprössling scheint völlig unbeeindruckt vom Lauf, kein Murren, kein Weinen, nur großes Staunen.
Nach kurzer Pause geht es wieder hinunter. Und im Fahrstuhl erzählt Matthias Lampe : " Oben hast du über 200 Puls und Beine wie Pudding. Das ist fast heftiger als beim Marathon. " Neben ihm steht Schwimm-Weltmeisterin Antje Buschulte und ringt nach Luft : " Das war wirklich anstrengend. " Unten angekommen, warten schon die anderen Bode-Runners aus Staßfurt. Annegret und Martin Wille, Sabine und Florian Börner sowie Neuzugang Andrea Krukowski bewältigen anschließend den Uni-Hochhauslauf ebenfalls mit Bravour. Währenddessen sitzt Finn mit Mutti und Papa wieder im Warmen und lässt die Augen umherwandern. Den großen Bauklotz hat er jedenfalls erklommen.