28.10.2012: 31. BMW Marathon Frankfurt
16.000 kleine Abenteuer
Die Frage nach dem „Warum?“ kommt - spätestens ab Kilometer 32. Warum quält man seinen Körper freiwillig, nur um nach 42,195 Kilometern über eine Ziellinie zu laufen? Es sind die Grenzerfahrungen die faszinieren, das ungewisse Ende und die vielen unvorhergesehenen Faktoren, die einen Marathonlauf jedes Mal aufs Neue zur Herausforderung machen.
Für die Bode-Runners der Gaensefurther Sportbewegung stand als besonderer Saisonabschluss der Frankfurt Marathon auf dem Programm. In wochenlangem Training bereiteten sich vier Staffelläufer und sieben Marathonis auf das neue Abenteuer vor. Erst in der letzten Vorbereitungswoche stand fest: Drei Sportler werden aus gesundheitlichen Gründen nicht mit am Start sein. Ein herber Rückschlag, nicht nur für die gut trainierten Läufer, sondern für die ganze Gruppe, denn was verbindet mehr als gemeinsamer Sport. Bereits am Vortag angereist, hatten die Bode-Runners auf der gut organisierten Marathonmall keine Mühe sich die Zeit zu vertreiben, denn zahlreiche Sportartikelhersteller präsentierten das notwendige Equipment zum Laufsport. Während mit Lauflegende Dieter Baumann und dem 101-jährigen ältesten Marathonläufer Fauja Singh vor der Festhalle der traditionelle Brezellauf startete, beruhigte sich auch langsam der böige Wind. Hinter der letzten Schneeregenwolke leuchtete zart die Abendsonne, welche Frankfurts Skyline ein beruhigendes Aussehen verpasste. Mit gut gefülltem Nudelbauch und einem letzten Stoßgebet zur Ruhe gebettet, war es mitunter eine kurze und unruhige Nacht.
Weltrekordmann Patrick Makau war bereits mit der ersten Startwelle der Topläufer unterwegs. Bei strahlenden Sonnenschein und nur einem Grad Celsius, rückte der nächste Block an die Startlinie. Unter ihnen Dirk Meier und Jens-Uwe Börner von der Gaensefurther Sportbewegung. Möglichst lange dran bleiben war Börners Ziel. Wenigstens bis rüber über den Main um von Dirk mit der Skyline im Hintergrund ein tolles Foto zu erhaschen. Wie krank ist das denn?
Nein, krank sind sie noch nicht! In Plastiktüten gegen die Kälte gehüllt, bibbern sie ihrem Start entgegen. Jörg Schäper, Lutz Klauß und Sabine Börner zählen in der nächsten Welle von 10 rückwärts: 9, 8, 7 … 1 – Start! Noch mehr Gänsehaut, denn nun setzten sich weitere 5.000 Läufer in Bewegung. Tolle Erfindung diese Wellenmethode! Von Anfang an haben die Sportler ausreichend Platz. Nach dem ersten Kilometer ein kritischer Blick auf die Stoppuhr – und Erleichterung, genau im Zeitplan. „Jetzt können wir endlich laufen, jetzt ist alles gut!“ Es läuft gut, zu gut, Runner`s High, ein euphorisches Hochgefühl welches die Beine immer schneller werden lässt. Mit einer irren Durchgangszeit von 01:39 Stunden passieren Meier und Börner die Halbmarathondistanz. Zeit Meier ziehen zu lassen, das Foto hatte Börner bereits im Kasten. Bei Schäper lief auch alles super, Klauß und Sabine Börner waren noch bis Kilometer elf zusammen. „Lauf dein Ding!“ schickt Sabine ihn auf die Reise „Ich schalte einen Gang runter!“ Bald überholt auch Schäper. Gut gelaunt und locker verschwindet er bis zur nächsten Verpflegungsstelle im Läufermeer. Sabine braucht keine Verpflegungsstelle. Vollgehängt mit Trinkflaschen wird beim Laufen getrunken. Reine Kopfsache, den Rhythmus nicht unterbrechen, vier Stunden durchlaufen bis zum Ziel! Während dessen hat sich Börner von den ersten 25 Kilometern langsam wieder erholt. Ob die Staffelläufer zu sehen sind? Renate Liedtke als Startläufer wurde mit der letzten Welle auf die Reise geschickt. Nach 12 Kilometern übergab sie ihren Chip an Claudia Meier, welche für sieben Kilometer die Staßfurter Läufer vertrat. Rein in den Wechselgarten und Übergabe an Sylvia Köhn. Sie muss sich die Kräfte genau einteilen, denn auf Grund des Ausfalls eines Läufers wird sie zwei Etappen bewältigen müssen. Kein Problem für Köhn, hat sie doch die fehlenden 23 Kilometer in letzter Zeit bereits öfters absolviert.
Während Meier wie ein geölter Blitz in Richtung Ziel fightet, knallt Schäper mit seinem Fuß an einen Gullydeckel. Hatte er sich bereits eine Zielzeit unter 3:50 Stunden ausgerechnet, sah er plötzlich Sterne. Da half nur eins: Tempo rausnehmen – Schade! Ab Kilometer 32 beginnt dann wohl das Leid. Doch die Läufer werden auf den letzten Kilometern vom Publikum getragen, eine einzige Party entlang der Strecke. Börner hatte sich inzwischen bis zu Sabine zurückfallen lassen. Sieben Kilometer waren noch zu absolvieren, schlimme sieben Kilometer für Börner, wollte Sabine doch ihr Vier-Stunden-Ziel erreichen. Was redet da der Sprecher am Streckenrand: „Und hier kommt Lutz Klauß von der Gaensefurther Sportbewegung - Gaensefurther - ein großer Förderer des Sportes! Lauf Lutz, bring das Ding nach Hause!“ Ansporn für Sabine, noch einen Zahn zuzulegen um mit beiden Lauffreunden durch das Ziel zu laufen. 500 Meter vor dem Einlauf in die Festhalle waren dann alle drei vereint. Kurz darauf erreicht auch Schäper das langersehnte Ziel. Meier glänzte schon von weitem mit einer neuen Bestzeit. Schäper, Klauß und Sabine können ihr Glück ebenso wenig fassen. Lediglich Börner flucht auf den Wahnsinn: „Wie kannst du denn nur so rennen!“ ruft er Sabine kopfschüttelnd zu. „Nie wieder…“ – unterbricht ihn seine Frau: „Für Hamburg sind wir doch bereits angemeldet!“ Auch dort wird eine Staffel möglich sein, denn die Frankfurter Staffelläufer sahen in dem gelungenen Gemeinschaftsprojekt Wiederholungspotential. Nach der nötigen Erholungspause werden sich die Bode-Runners der Gaensefurther Sportbewegung nun ihrem nächsten regionalen Event widmen: Die Vorbereitungen für den 7. Staßfurter Nikolauslauf stehen an. Eine Laufveranstaltung im Stadion der Einheit, zu der sich die Veranstalter eine rege Teilnahme wünschen – um vielleicht den ein oder anderen Freizeitsportler noch mit dem Laufvirus zu infizieren.
Autorin: Sabine Börner
Foto: Jens-Uwe Börner