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26.06.2022: EM-Ironman Frankfurt/Main

Start von Steffen Fleischer bei EM im Ironman

Steffen Fleischer startet am Sonntag bei der Europameisterschaft im Ironman. Im Oktober kann er erstmals in Hawaii dabei sein. Warum das seine zweite WM-Teilnahme in diesem Jahr wird.

Als Steffen Fleischer Anfang der 1980er-Jahre in Quedlinburg bei Mertik seine Berufsausbildung mit Abitur machte, brachte er seine Klassenkameraden oft zum Staunen. Morgens kam er mit dem Zug aus Ermsleben und abends zog er sich Jogging-Sachen und Laufschuhe an und lief die fast 20 Kilometer bis nach Hause zurück.

Nach dem Sportstudium hatte sich der heutige Ascherslebener mit seinem Gesundheitszentrum in der Weststraße selbstständig gemacht. Und da es sich nicht mehr lohnt, bis nach Hause zu laufen, er sich aber trotzdem gern bewegt, hat sich Steffen Fleischer ein anderes Hobby zugelegt.

Der 57-Jährige ist als Triathlet bei Ironman-Rennen aktiv. Er läuft inzwischen den Marathon nach 3,8 Kilometern Schwimmen und 182 Kilometern Fahrradfahren. Am Sonntag startet Fleischer bei den Ironman-Europameisterschaften in Frankfurt/Main. Im September wartet dann sein Höhepunkt: Erstmals wird er bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii starten. Was treibt den Ascherslebener, der ein erfolgreicher Unternehmer ist, seit vielen Jahren für die CDU im Stadtrat sitzt, sich als Rotarier in Aschersleben engagiert, seine beiden Kinder allein großgezogen hat und in vier Sportvereinen aktives Mitglied ist, dazu, sich solchen extremen Herausforderungen zu stellen? Eigentlich möchte sich Steffen Fleischer gar nicht in den Mittelpunkt rücken. Eigentlich möchte er nur seine Mitmenschen zu einer gesünderen Lebensweise aufrufen, für das Sporttreiben werben. Schließlich hängen Bewegung und gesunde Ernährung zusammen, auch beim Extremsport. „Mein Lebensmotto ist: mit 100 Jahren noch aus dem Fenster zu klettern“, sagt der Ascherslebener mit Hinweis auf das schwedische Buch. Klettern und dann weitergehen. „Der Weg ist das Ziel, auch wenn wir das Ziel vielleicht nicht erreichen.“ Eine neue Leidenschaft Für Triathlon sieht er die Bedingungen in Aschersleben als optimal an. „Das Schwimmbad ist vor der Nase, zu bestimmten Zeiten sogar fast leer“, bis zum Froser See, Concordia See oder zum Löderburger See ist es nicht weit. Per Fahrrad ist man auf Nebenstraßen schnell im Harz oder Mansfelder Land und muss nicht erst eine Großstadt verlassen.

Vor zwölf Jahren kam Fleischer zum Triathlon. Der Läufer hatte Probleme mit den Gelenken. Er ging zur Gaensefurther Sportbewegung. Seine damalige Frau sei dagegen gewesen, sagt er. Erst nach der Trennung begann er richtig mit Triathlon. Und dann reifte der Traum, einmal einen Langdistanz-Triathlon, einen Ironman, mitzumachen. „Was zunächst eine Herausforderung war, ist dann eine Leidenschaft geworden“, bekennt er.

Jedes Jahr gibt es rund 70 Langdistanz-Rennen auf der ganzen Welt. Die Besten können sich dabei für die WM auf Hawaii qualifizieren. „Das ist eigentlich ziemlich aussichtslos“, weiß der Ascherslebener. In seiner Altersklasse gibt es bei jedem der70 Rennen nur je zwei Startplätze für Hawaii, für den Sieger und den Zweiten. Bei den vielen ehemaligen Leistungssportlern und Profis in seiner Altersklasse besteht kaum eine Chance. 2021 belegte Fleischer in seiner Altersklasse die Plätze 7, 9 und 6. „Immer unter den ersten Zehn, aber nie ganz vorn. Da fehlen bei elf Stunden immer so zehn bis 20 Minuten“, beschreibt er.

Über ein Wohltätigkeitsprogramm können sich aber Sportler, die bei zwölf Ironman-Rennen ins Ziel gekommen sind, gegen eine 50-Dollar-Spende für einen von 50 Startplätzen außerhalb der Qualifikation bewerben, berichtet Fleischer. Alle rund 500 Bewerber kämen in einen Lostopf und wer Glück hat, wird dann gezogen. Nachdem Steffen Fleischer vor elf Jahren begonnen hatte, schaffte er 2021 seinen 12. Ironman und bewarb sich. „Hawaii ist der Mythos des Triathlons“, schwärmt Fleischer, „das ist einfach ein Traum.“ Und dieser Traum wurde wahr. Im Januar erfuhr er, dass er nach Hawaii darf. „Das war schon ein cooles Gefühl“, beschreibt er seinen Seelenzustand, als er die Nachricht erhielt.

Doch dann geschah noch etwas anderes Unerwartetes: Weil Hawaii 2020 und 2021 wegen Corona ausgefallen war, sollte die WM im Mai nachgeholt werden. Aus organisatorischen Gründen einmalig außerhalb Hawaiis - in der Salzwüste von Utah. „Sehr heiß, sehr trocken, sehr bergig und sehr schwere Bedingungen“, wusste der Ascherslebener. Viele Qualifizierte verzichteten, so dass es freie Startplätze gab. Als Weltranglisten-13. und zweitbester Deutscher seiner Altersklasse wurde Fleischer angeboten, daran teilzunehmen. „Eine Woche lang habe ich überlegt, jetzt hast du die Chance, zweimal eine WM zu machen“, schildert er seine Gedanken. Er nahm die einmalige Chance wahr, obwohl er schon für Frankfurt im Juni und Polen im August gemeldet war und damit vier Rennen im Jahr 2022 hätte. „Mir geht es mittlerweile nicht mehr um Höchstleistungen, sondern um das Erlebnis, das Mitmachen, das Gefühl, in so einer großen Familie zu sein und sich da auszutauschen“, sagt Steffen Fleischer. Er verbindet den Ironman immer mit ein paar Tagen Urlaub und dem Kennenlernen des Landes. „Ich habe eine sehr verständnisvolle Familie“, weist er auf eine wichtige Voraussetzung hin. „Meine Frau unterstützt mich da“, sagt er. Und so kommen sie auch ein bisschen in der Welt herum. Zweimal hat er übrigens auch schon bei den WM über die halbe Distanz in Südafrika und Frankreich mitgemacht.

Zehn bis 20 Stunden pro Woche wird trainiert. Daneben ist der Sportwissenschaftler und Sporttherapeut in 15 Kursen in seinem Gesundheitszentrum aktiv. „Warum soll man sich abends auf die Couch lümmeln, man kann ja auch Sport machen. Wir gammeln einfach viel zu viel und vertrödeln Zeit. Beim Sport bekommst du Lebenszeit dazu, weil du ja was für deinen Körper tust“, erklärt er. Cousin bei der Tour de France „Ich komme aus einer sportlichen Familie“, berichtet Fleischer. Er und sein Vater Horst waren Gründungsmitglieder der LG Konradsburg in Ermsleben. Der Vater lief selbst Marathon. Onkel und Cousin waren Radprofis im Westen. Cousin Thomas war 1996 sogar Teilnehmer der Tour de France. „Da liegt es vielleicht auch ein bisschen in den Genen“, sagt Steffen Fleischer. Seine Tochter Viktoria war als Sprinterin an der Sportschule in Magdeburg. Sohn Felix ist Fußballer, war mit Lok Aschersleben Jugend-Landesmeister, spielt heute beim SC Seeland und studiert Sportwissenschaft und Sportmanagement in Leipzig.

Das schwerste Rennen In Utah lief für Steffen Fleischer nicht so gut. „13 Stunden. Das war mein schwerstes Rennen.“ Die Zeitumstellung, 35 Grad Hitze, aber nur 16 Grad Wassertemperatur im See, so dass er Krämpfe bekam, die sich beim Radfahren fortsetzen. Zu wenig Flüssigkeit, zu wenig Elektrolyte. „Und von Krämpfen geplagt, bin ich dann den Marathon gelaufen. Ich musste viel gehen und Pausen machen. Das war Quälerei“, sagt er. Platz 61 von 130 Teilnehmern - trotzdem noch ein Rang in der vorderen Hälfte der Altersklasse. „Ich bewundere die, die noch älter sind und das bewerkstelligen“, zieht er auch den Hut vor den Sportkameraden.

Doch nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Und so ist Steffen Fleischer optimistisch für den Sonntag in Frankfurt. Anders als vor Utah hatte er bereits vier Rennen zur Vorbereitung.

Autor: Detlef Anders, Mitteldeutsche Zeitung

Quelle: Volksstimme vom 25.06.2022

Fotos: Felix Fleischer




Letzte Änderung: 28.06.2022
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